Auch wenn der Winter bislang relativ mild verlief, die nass-kalte Jahreszeit ist da. Und das hat auch Vorteile: endlich werden die Radwege wieder leerer. Aber natürlich kann das nicht das Ziel für nachhaltige Mobilität sein. Hier gibt es ein paar persönliche Tipps für´s Radfahren im Winter…
Ich bin bekennender E-Bike-Fahrer, da das E-Bike für mich eine praktikable Alternative in meiner täglichen Mobilität bietet und ich verschiedenes damit verbinden kann. Ich transportiere gefühlt tonnenschweres Unterrichtsmaterial, bin (vor allem am Berg von Tübingen nach Kusterdingen) zeitlich effizienter und auch bei Gegenwind und Regen muss ich nicht einen gefühlten persönlichen endzeitlichen Kampf mit den Elementen aufnehmen, sondern komme immer noch einigermaßen frisch am Ziel, wie Schule oder Familie, an und kann meine jeweiligen Aufgaben direkt angehen. Und dennoch genieße ich den frischen Wind und wundervolle Sonnenaufgänge. Es stimmt, der sportliche Aspekt kommt kürzer und ich könnte heute nicht mehr ohne extra Trainingseinheiten eine Alpenüberquerung antreten – das ist aber auch nicht mein erster Anspruch. Mein Punkt ist, ich will nicht in ein Auto steigen müssen, um rechtzeitig von A nach B zu kommen.
Für viele endet mit dem Herbst dann allerdings die Freiheit der Zweiradmoblität abrupt. Das Auto steht (häufig ja sowieso noch) vor der Tür und es ist eeeeecht kalt….
Doch auch für die nass-kalte Jahreszeit gibt es geeignete Tipps und Möglichkeiten.
Ich möchte hier vor allem von meinen E-Bike-Erfahrungen berichten. Alle anderen E- und Bio-Biker*innen können mir gerne ihre Tipps zusenden. Diese können zukünftig in der Kategorie „Tipps und Tricks“ gesammelt werden.
Ausrüstung:
Mütze/Ohrenschutz – Eine Mütze oder Ohrenschutz sollte dünn genug sein, um unter den Helm zu passen – diese Kombination zerstört bisweilen die Frisur, ist aber bei eisiger Kälte unverzichtbar und vor allem ist es im Herbst und Winter nicht zu empfehlen auf den Helm zu verzichten.
Regenschutz für den Helm – Eine Regenhaube kann sowohl gegen Nässe als auch gegen Kälte über den Helm gezogen werden. Dadurch wird der Helm selbst zum Regenschutz.
Wind- und regendichte Jacke – Vor allem bei der Oberbekleidung ist das „Zwiebelschicht-Prinzip“ zu empfehlen. Das hat zwei sinnvolle Aspekte. Erstens entstehen durch die verschiedenen Lagen isolierende Luftpolster zwischen den Schichten und der Haut. Dadurch bleibt der Oberkörper wärmer. Zweitens macht „die Zwiebel“ es auch bei Übergangswetter einfacher. Morgens ist es noch eisig kalt. Nachmittags aber hat es wieder gefühlte 30 Grad, aber der Regen fällt. So kann man mit der Zwiebel viel einfacher zwischen verschiedenen Witterungsbedingungen switchen.
Winddichte Handschuhe – dabei kommt es auf persönliche Vorlieben und Durchblutungseigenschaften an. Von polarexpeditionstauglichen Lobster-Handschuhen, die besonders warmhalten, bis zu dünnen wind- und wasserdichten Fahrradhandschuhen ist alles möglich. Wichtig finde ich noch, wie lange sie brauchen, um auch wieder zu trocknen. Handschuhe können nass werden, wenn man dann aber wieder in nasse Handschuhe schlüpfen muss, dann ist das nicht sonderlich erfreulich.
Regenhose – für den Winter ist eine lange Regenhose, die etwas weiter sitzen sollte, zu empfehlen. Dann kann man sie gut über die normale Alltagskleidung drüberziehen. Ebenso finde ich es praktisch, wenn die Hose Reisverschlüsse hat, also nicht nur Gummibund. Diese Reisverschlüsse sollten sowohl von oben (also links und rechts an der Hüfte) als auch von unten (links und rechts am Schuh) zu öffnen sein. Dadurch lassen sich ungelenke Versuche sich am Radstellplatz aus der Hose zu schälen ziemlich gut vermeiden, da man die Reisverschlüsse von oben und unten bis jeweils zur Mitte öffnen kann und viel Platz hat, um ein- und auszusteigen. So kann man auch in „normalen“ Klamotten das Schulgebäude betreten. Ansonsten bleibt natürlich noch das Aufsuchen einer Toilette, wenn man nicht wie die Sport-Lehrkräfte den Schlüssel zur Umkleidekabine in der Sporthalle zur Verfügung hat.
Überschuhe/Gamaschen – dabei gibt es unterschiedlichste Modelle. Von enganliegenden Überschuhen vor allem für Rennräder bis hin zu weiten Gamaschen, die über ziemlich jeden Schuh passen. Wenn man mit unterschiedlichen Schuhen zur Schule kommen möchte, dann beim Kauf darauf achten, dass die Größe auch für dickere Schuhe im Winter ausreichend ist. Deswegen lieber ein bis zwei Nummern größer nehmen. Meine persönliche Empfehlung ist lange Gamaschen, also solche die fast bis zum Knie reichen, zu wählen. Vorteil: man kann sie auch anziehen, wenn es während des Fahrens nicht regnet, aber es vorher geregnet hatte, dann schützen die langen Gamaschen nämlich auch gegen das Spritzwasser, das beim Fahren hochspritzt, aber es ist dann nicht nötig sich in die Regenhose zu zwingen (wenn man nämlich nur kurze Gamaschen hat, wird sonst nämlich die Hose ab dem Schienbein nass). Zusätzlicher Vorteil bei Regen und Kälte: die langen Gamaschen bilden mit der Regenhose eine doppelte Wind- und Wasserschutzschicht. Nachteil: wenn man sie ohne Regenhose anzieht, gewinnt man damit keinen Schönheitswettbewerb… Aber eben nach dem Grundsatz: Funktion vor Style.
Transport und Lagerung des Equipments, wenn es nicht im Einsatz ist – Meine Empfehlung, eine Fahrradtasche am Gepäckträger. Ich empfehle eine mit steifen bzw. stabileren Wänden, die ihre Form behält. Dadurch lassen sich auch druckgefährdete Gegenstände (Bastelarbeiten, ein Satz Klausuren von SuS, ein Blumenstrauß vom Blumenfeld) ohne Knicke transportieren. Auch hier trifft allerdings der Spruch „Funktion vor Style“ zu. Sieht für viele schicken Bikes nicht besonders gut aus, aber der Kofferraum in manchem Auto ist ja auch oft nicht unbedingt eine Augenweide. Ok, der Vergleich hinkt, aber dennoch ist eine solche Tasche eine sehr gute Möglichkeit die Regensachen und anderes Equipment stets dabei zu haben – wobei dies eher aufs E-Bike zutrifft, da der zusätzliche Ballast beim E-Bike weniger ins Gewicht fällt.
Einzig das Problem der Aneignung fremden Eigentums könnte bestehen. Mir ist es noch nie passiert, dass mir jemand meine nichtverschlossene Radtasche ausgeräumt hat. Auch nicht, wenn das Bike über Nacht am Hauptbahnhof stand. Könnte aber passieren. Aber auch dafür kann man mit Schloss-Lösungen zumindest etwas vorsorgen.
Lagerung – Je nach Schule sind gute Möglichkeiten zum Aufhängen nasser Kleidung vorhanden. Wo noch nicht, dann wäre das doch ein wunderbares Projekt für einen Seminarkurs oder eine AG.
Sicherheit am Bike:
Beleuchtung und Reflektoren – In der kalten Jahreszeit besteht der Tag ja ohnehin nur aus wenigen Stunden Tageslicht. Deswegen auf jeden Fall die Beleuchtung und alle Reflektoren am Bike in einem funktionstüchtigen Betriebszustand halten. Zusätzlich macht Bekleidung oder Westen mit grellen Farben und Reflektoren Sinn. Es gibt auch reflektierende Folien bzw. Aufkleber zum nachträglichen Aufbringen an Bike oder Ausrüstung.
Winter- und Spikereifen – Es gibt extra Winter- und Spikereifen die auf Schnee und Eis mehr Gripp bringen. Diese sind aber natürlich auch ein weiterer Kostenpunkt und verursachen durch den Wechsel zusätzlichen Aufwand. Für diejenigen, die nicht täglich fahren: Man kann auch etwas Luft aus dem Reifen ablassen. Dadurch verringert sich der Druck und erhöht die Kontaktfläche. Allerdings darauf achten, dass nicht zu viel abgelassen wird, ansonsten könnte die Felge beschädigt werden. Dieser Tipp eignet sich nicht für Vielfahrende und auch weniger für diejenigen, die sich rein mit Muskelkraft fortbewegen, da durch den erhöhten Rollwiderstand deutlich kräftiger pedaliert werden muss.
Ein Tipp den es immer wieder im DIY-Format gibt – mehrfach Kabelbinder in gleichmäßigen Abständen um den Reifen. Dadurch erhöht sich der Gripp vor allem auf Schnee. Allerdings ist dies nicht für Räder mit Felgenbremse oder seitlichem Fahrraddynamo zu empfehlen und es sollte auch nur eine Notlösung für die paar Tage Schnee sein und nicht als Dauerlösung genutzt werden, da es dann auch sinnvollere und sicherere Lösungen gibt.
Schutzbleche – Wer im Sommer das feuchte Tröpfeln auf dem Rücken mag und lieber ohne fährt kann in Herbst und Winter dem Schutzblech möglicherweise doch die Vorteile abgewinnen. Für manche wieder mal der Punkt „Funktion vor Style“ – es gibt nachrüstbare Schutzbleche, die sich fest verbauen als auch einfach stecken lassen und dadurch relativ flexibel einsetzbar sind.
Einen absoluten Spritzschutz gibt es m.E. aber nicht.
Radpflege vor allem im Winter – Gerade Nässe und im Winter das Streusalz setzt den Teilen am Rad ordentlich zu. Deswegen ist auf jeden Fall eine regelmäßige Pflege zu empfehlen. Dafür gibt es diverse Tutorials, die sich in ausgesuchten Video-Plattformen im Internet durch einfache Suchanfragen finden lassen.
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, Fahrrad fahren im Winter ist gefährlicher als in den Sommermonaten. Auf vereisten oder verschneiten Straßen haben es Reifen und Bremsen naturgemäß schwerer. Auch wenn es Ihnen als Radpendler schwerfällt, bei extremen Wetterbedingungen sollten Sie das Rad stehen lassen und auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen. Ihr Steißbein wird es Ihnen danken.
Noch zwei Tipps speziell für den Winter:
Tipp 1: Straßen nutzen, wenn Fahrradwege nicht geräumt sind
Wenn die Radwege nicht geräumt sind, können Fahrradfahrer auf die Straße ausweichen.
Grundsätzlich gibt es für Radler keine Pflicht, Fahrradwege zu nutzen. Diese besteht nur dann, wenn die Verkehrsschilder 237, 240 oder 241 einen Fahrradweg ausweisen. Aber auch diese Pflicht entfällt, wenn die Wege von der zugehörigen Behörde nicht geräumt wurden. Aus diesem Grund ist es ratsam, abhängig von den Wetterverhältnissen auf die Straßen auszuweichen. Diese werden meistens schneller und besser geräumt als Fahrradwege und ermöglichen somit ein sichereres Vorankommen.
Tipp 2: Fahrweise anpassen
Jedoch helfen auch nicht die besten Winterreifen, wenn man nicht die Fahrweise an die Wetterbedingungen anpasst. Verlängerten Bremswegen sollte mit verringertem Tempo und größerem Abstand zu vorausfahrenden Verkehrsteilnehmenden begegnet werden. Erhöhte Sturzgefahr besteht bei abrupten Lenkbewegungen, deswegen vor Kurven maßvoll einlenken und somit die Sturzgefahr minimieren.
Fahrrad fahren macht Spaß und ist insbesondere in Städten oft das schnellste und gleichzeitig umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Im Winter aber auf die Witterungsbedingungen einstellen. Bei Glatteis und massivem Schnellfall das Bike doch besser stehen lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel als bessere Alternative umsteigen.
Von Phillip Baum-Wittke
Mit Material von https://www.acv.de/ratgeber/fahrrad/vier-tipps-sicheres-fahrradfahren-im-winter , https://www.fahrrad.de/radfahren-im-winter.html, https://www.radfahren.de/service/radfahren-winter-bekleidung-tipps/